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Retro-Games Spiel mit mir, Pixelboy

Düdüdü! Spring! Argh, bin ich tot? Diese Spiele kommen ohne Grafikwahn und Hardware-Hype aus - provozieren aber Gefühlschaos und Schweißhände. Die Indiegames-Szene feiert neue Gratis-Games in 8-Bit-Optik, wahre Meisterwerke der Zunft. SPIEGEL ONLINE präsentiert die packendsten.
Cave Story: Helden mit eckigen Köpfen

Cave Story: Helden mit eckigen Köpfen

Wie ironisch: Die Indiegames-Szene wird als progressiv gefeiert - und beschäftigt sich doch seit Jahren mit nichts lieber als 8-Bit-Spielen. Niedrigaufgelöste Grafiken, Töne wie aus der Blechdose, alles im Stil längst untergegangener Rechner, was schätzt man daran? Was hält die 8-Bit-Szene am Leben, wieso hat 8-Bit-Ästhetik so eine Wirkung?

Vermutlich verzaubert sie die Generation C64 einfach. Den oft nervenaufreibenden Spielen ist eine Melancholie eingewoben, eine Erinnerung an die eigene Kindheit, an durchspielte Nächte und Abenteuer im Gefühlschaos. Diese Nostalgie ist die geradezu paradoxe emotionale Reaktion, die auch neu entwickelte 8-Bit-Spiele heraufbeschwören.

Doch das allein reicht nicht als Begründung. Die 8-Bit-Indiegames sind auch ein Versuch, eine verpasste Chance nachzuholen. Das spielerische Potential von Games war an C64, Super Nintendo, DOS-Rechnern und Sega-Konsolen noch lange nicht ausgereizt, da begannen plötzlich Grafikwahn und Hardware-Hypes die Entwicklungschancen zu torpedieren.

Wenn heute weite Teile der Indiegames-Szene zurück zu den Anfängen gehen, in die goldene Anfangszeit der Computer- und Videospiele, dann auch, um eine andere Spiele-Gegenwart zu zeichnen: Wie gut und spannend wären 8-Bit-Spiele heute, wenn man bei 8 Bit geblieben wäre?

Das Indie Games Festival, eine schon als "Sundance-Festival der Gamer" bezeichnete Preisverleihung, ehrt jährlich die besten von unabhängigen Entwicklern veröffentlichten Computerspiele. Auch wenn zunehmend Hochglanzproduktionen dabei sind, so geht es im Kern doch immer noch um anrührende, immer irgendwie melancholische 8-Bit-Spielchen, in denen Pixelboys und 8-Bit-Girls auf Entdeckungsreise, Weltraumabenteuer und Massenvernichtungsurlaub gehen können.

Gehen Sie mit SPIEGEL ONLINE auf Zeitreise und spielen Sie die packendsten, spannendsten 8-Bit-Spiele der Indiegames-Szene. Alle sind kostenlos - alle sind kleine Meisterwerke:

Cave Story - herzzerreißende Höhlenabenteuer

Die Kritiker sind sich einig: Cave Story ist ein Meisterwerk! Mit perfektem Timing, einer rührenden Geschichte, ständig um die Fähigkeiten des Spielers oszillierendem Schwierigkeitsgrad und allersüßesten Spielcharakteren entwickelt sich eines der packendsten Jump-'n'-Run-Spiele der letzten Jahre.

Das Spiel ist dermaßen beliebt, dass es von Fans längst nicht nur von PC auf Mac portiert, sondern auch für Nintendo DS, Sony PSP, Xbox, Linux und sogar einen wissenschaftlichen Taschenrechner übersetzt wurde. Für PC-Spieler empfiehlt sich das Deluxe-Paket  mit Sprach-Optionen und Extra-Programmen, für Mac-Spieler die japanische Version  plus English-Patch : einfach Spiel-Datei auf die Patch-Datei ziehen.

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White Butterfly - minimal im Shooter-Glück

Linley Henzell  gilt als kleines Shooter-Genie: Alle Jubeljahre veröffentlicht er ein neues, ganz minimal gehaltenes Action-Spiel - unten das eigene Raumschiff, von oben kommen die Gegner - das Shooter-Fans für Tage von der Realität entfernt.

Auch wer das tolle, zuweilen knüppelharte White Butterfly  meistern will, muss Gegnerrhythmen auswendig lernen, seine eigenen Schritte planen, sich in Attacketrance begeben. Es ist Henzells Genie zu verdanken, dass sich das nicht wie ein Computerspiel anfühlt, sondern so, als lerne man Tanzschritte fürs nächste Salsa-Date.

Der Chzo Mythos - tolle Adventure-Quadrologie zum Gruseln

Vier Jahre brauchte Ben "Yahtzee" Croshaw , um seinen "Chzo Mythos" in vier Adventure-Spielen zu entwickeln: "5 Days a Stranger", "7 Days a Sceptic", "Trilby's Notes" und "6 Days a Sacrifice".

Croshaw konzentriert sich dabei ganz auf seine Geschichte, schickt seinen Meisterdieb Trilby in die Fänge einer dämonischen Macht: Deren Mythos zu entschlüsseln ist des Spielers Point-and-Klick-Aufgabe - und nicht vor lauter Gruseln die Maus wegzuwerfen.

Knytt Stories - Regenschirmmädchen im Abenteuerland

Wie soll man Juni nur durch dieses Level kriegen? Wenigstens schön ist diese Hüpferei ja anzuschauen - aber Pastellfarben und Ambientmusik können nicht drüber hinwegtäuschen, dass Knytt Stories  - der zweite Teil der Knytt-Reihe des schwedischen Spieleentwicklers Nicklas Nygren  - ein zuckersüß-poetisches, knallhartes Rätselspiel ist. Und dass es reichlich Rätselnachschub gibt, weil Nygren einen Level-Bausatz mitliefert und Fremdlevels im Handumdrehen ins Spiel eingefügt sind.

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Spelunky - tausend Tode tief

Derek Yu ist mit Spelunky aus dem Stand ein Computerspiel-Klassiker gelungen. Vordergründig geht es in Spelunky darum, eine (jedesmal zufällig berechnete) Höhle zu erforschen, Jungfrauen in Nöten zu retten, Geheimnisse zu lüften und viel Bang für die Diamantenbucks zu bekommen. Aber Spelunky ist in Wirklichkeit ein Spiel des Scheiterns. Erfolg bedeutet hier nur, das nächste Mal nicht zu scheitern. Und jeder Erfolg baut auf nicht mehr zählbar viel vorausgehendem Scheitern auf.

Wer es ans Spielende schafft, dürfte tausendmal gestorben sein. Die perfekte Balance zwischen unfassbarer Frustration und größter Euphorie bei Mini-Erfolgserlebnissen macht Spelunky zu einem der "gefährlichsten" Spiele dieser Zeit (denn es frisst Zeit und ist suchtbildend). Ernsthaft, Spelunky ist erklärungsbedürftig ! Das Erklär-Wiki sollte man sich trotzdem erst nach einiger Zeit anschauen.

Yus Geheimnis ist natürlich seine Dreistheit: Spelunky ist ein Remix des längst vergessenen Spieleklassikers Rick Dangerous  (Flash-Version).

Und weil Spelunky so schön ist, gibt's auch tolle Fan-Modifikation, wie das sagenhafte "Tastes Like Spelunky" , mit dem man die Randomhöhlen als menschenfressende Pflanze erobern muss.

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Dwarf Fortress - Zwerge im Rausch der Tiefe

Der Wahnsinn hat in Dwarf Fortress  Methode: Was fängt ein aktuelles PC-Spiel mit der geballten Rechenleistung moderner Computer an, fragt sich ein verdutzter Rainer Sigl bei Telepolis . Antwort: 20 Minuten lang hyperkomplexe Spielwelten berechnen, die als Buchstaben und Sonderzeichen angezeigt werden.

Dwarf Fortress ist das vielleicht realistischste Computerspiel der Welt: Es simuliert einen riesigen Zwergenstaat, dessen Umweltfaktoren, seine Geschichte, Psychologie. Es lässt sämtliche Behauptungen der Entwickler moderner Hochglanzspiele, eine "lebendige Welt" zu erschaffen, als lächerlich verblassen. Dwarf Fortress berechnet das Wetter, die körperliche Verfassung, den Flussverlauf. Es ist eine Aufbausimulation, ein Städteplaner - eine Abenteuerwelt, die man als Solo-Held auf der Suche nach Aufträgen durchstreifen kann. Dwarf Fortress ist eine Herausforderung.

Wer sich aber einmal überwunden hat, wird Computerspiele mit anderen Augen sehen - und von seinen Mitmenschen Bewunderung, aber auch etwas Furcht entgegengebracht bekommen. Zumindest von denen, die auch noch in 8-Bit ticken.

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